MDB und WWF: Gegen Hass, Diskriminierung und elitärem Denken innerhalb der Szene

love hardcoreIm Folgenden dokumentieren wir hier die Stellungnahme von Moscow Death Brigade (MDB) und What We Feel (WWF):

Liebe Alle
Im Namen von What We Feel und Moscow Death Brigade legen wir hier unsere offizielle Stellungsnahme zum Artikel: „Die Bands What We Feel und Moscow Death Brigade als Beispiel eines zu kritisierenden Antifaschismus“ vor, der uns und die russische antifaschistische Szene im Generellen beschuldigt „faschistisch, homophob, sexistisch“ etc. zu sein. Während diese Beschuldigungen im Allgemeinen auf uns bizarr wirken, möchten wir dennoch einzeln auf diese Vorwürfe antworten.
Zuerst möchten wir sagen, dass wir froh darüber sind, dass dieses Thema endlich an die Öffentlichkeit gelangt ist. Bereits seit Jahren haben anonyme Poster_innen versucht unsere Touren zu verhindern, indem Mails mit diffamierenden Aussagen über unsere Bands an unsere Promoter_innen und Unterstützer_innen versendet wurden. Beispielsweise versuchten sie erfolglos unsere Soli-Tour für die Familie des von Neonazis ermordeten antifaschistischen Aktivisten Ivan Khurtoskoy im Mai 2014, sowie unsere Auftritte am Ultrash Festival und am Barrio Antifascista Festival zu verhindern.
Während die Promoter_innen entweder den Hassmails keine Beachtung schenkten oder mit unseren Erklärungen zufrieden waren, versuchten wir die Autor_innen für eine direkte Diskussion zusammen mit Repräsentant_innen der europäischen antifaschistischen Szene als Mediator_innen zu treffen, da unsere Bands immer offen gegenüber Kritik sind. Die Autor_innen vermieden aber den Dialog.
Unsere Bands kommen nicht umhin sich zu wundern, warum die Autor_innen nie versucht haben, die Themen dieses Artikels zuerst mit uns zu diskutieren. Auch sind wir ratlos darüber, dass der Artikel gepostet wurde, währenddessen wir auf Tour waren und keine englische (oder bevorzugt russische) Übersetzung vorlag, was verhinderte, dass wir den Artikel richtig lesen und verstehen, sowie rechtzeitig darauf antworten konnten. Wir müssen zugeben, dass wir dies als einen unehrlichen Ansatz sehen, der sowohl uns, als auch den Leser_innen gegenüber respektlos ist. Dies und alles oben erwähnte lässt uns denken, dass der wahre Grund hinter dieser Agitation persönliche Feindschaft ist.
Wir sehen diese Situation als eine großartige Möglichkeit, um die Geschichte unserer Bands zu teilen, die einigen Leser_innen nicht vertraut sein könnte und endlich die Differenzen zwischen russischen und europäischen Szenen zu diskutieren und sie zu überwinden.
Wir haben diesen Beitrag auf englisch geschrieben, anstelle unserer Muttersprache russisch, um sicherzustellen, dass die Menschen, die ihn lesen wollen dies mit kleinstmöglicher Schwierigkeit tun können, da Mitglieder von antifaschistischen Gemeinschaften rund um die Welt unserer Erfahrung nach normalerweise in englisch miteinander kommunizieren.

1. Vorwürfe
Soweit wir richtig verstehen – dank unseren Freund_innen und Google Translate – versuchen die Autor_innen darzulegen, dass MDB, WWF, einige mit ihnen verbundene Bands und (was gemäß der Sprache des Artikels angenommen werden kann) die russische militante Szene im Allgemeinen nicht „richtige“ Antifaschist_innen sind, sondern faktisch gewalttätige „Thugs“, Homophobe, Sexist_innen, Nationalist_innen etc..
Ein paar Aussagen werden mit Zitaten aus einigen Interviews unterstützt. Das erste mit Gryundik – Mitglied von 210 und ehemaliges Mitglied von Razor Bois. Das andere mit Vova – Mitglied von MDB, ehemaliges Mitglied von Razor Bois und WWF.
Das Interview mit Gryundik wurde nach der Veröffentlichung gelöscht, da (gemäß 210) Gryundiks Antworten vom Interviewer falsch interpretiert wurden.
Das Razor Bois – Interview mit Vova ist fünf Jahre alt und die Zitate daraus wurden falsch übersetzt und aus dem Kontext genommen.
Außerdem wird versucht uns mit Personen zu verlinken, mit denen wir nie irgendetwas gemacht haben und die wir nicht einmal kennen oder ein Label, mit dem wir sämtliche Zusammenarbeit vor einiger Zeit niedergelegt haben.
Einige Vorwürfe scheinen auf der Wahrnehmung und Vermutungen der Autor_innen zu basieren, die entweder von einem Mangel an Wissen zum Thema hergeleitet werden oder auf einem persönlichen Standpunkt basieren.
Wir werden versuchen einzeln auf die wichtigeren Diskussionspunkte im Artikel zu antworten. Leider arbeitet die Zeit gegen uns und wir hatten auch keine adäquate Übersetzung vom Originalartikel, womit es schwer ist, eine gut vorbereitete Antwort vorzulegen, aber wir tun unser Bestes.
Um diesen Abschnitt zusammenzufassen – wir wollen darlegen, dass die Vorwürfe keinen Bezug zur Realität haben. Zu behaupten, dass wir Xenophobe oder Faschisten seien widerspricht dem, das wir immer beabsichtigt haben in unseren Songs, unseren Aussagen, unseren Aktionen und in unserer Arbeit für die antifaschistischen Ideale auszudrücken. Wir haben gegen Rassismus, Nationalismus und allen Formen von Diskriminierung, die auf der ethnischen Herkunft, der Hautfarbe oder der Religion basiert gekämpft. Wir haben gegen Diskriminierung, die auf dem Geschlecht oder der sexuellen Orientierung basiert gekämpft. Gegen Stereotypen und Generalisierungen im Allgemeinen. Aufgrund dieser Positionen wurden wir zu zahlreichen Gelegenheiten physisch attackiert, erhielten Morddrohungen, unsere Fotos und privaten Informationen wurden mit dem Aufruf unserer physischen Eliminierung auf Neonazi-Websites gepostet.

2. Unterschiede zwischen der russischen und europäischen Gesellschaft und Szene
Die Aussage das „russische Antifaschist_innen eigentlich Faschist_innen“ seien ist nicht neu für uns – wie wir bereits gesagt haben, haben wir es in zahlreichen anonymen E-Mails gesehen, vielleicht von derselben Gruppe von Leuten verbreitet. Diese Aussage reflektiert nichts außer den Willen, die großen Unterschiede zwischen europäischen und russischen Gesellschaften, bedingt durch historische und kulturelle Faktoren, zu ignorieren.
Es ist notwendig zu anerkennen, dass jede Lebensform, Person oder Gesellschaft sich schrittweise verändert, nacheinander verschiedene Entwicklungsstadien durchläuft. Die Prozesse, die in der deutschen Gesellschaft vor vielen Jahren beendet wurden, haben in Russland erst gerade angefangen. Vor 1991 hatte Russland mehr als 70 Jahre ein unterdrückendes totalitäres Regime (nicht zu erwähnen die vorhergehenden historischen Ereignisse und Prozesse) und direkt nach 1991 sprang unsere Gesellschaft direkt in einen prähistorischen Kapitalismus. Wir leben bis heute in einer sehr konservativen und intoleranten Gesellschaft, die nicht mit der in Westeuropa verglichen werden kann.
Ebenso verhält es sich mit der Szene – die russische antifaschistische Szene entstand buchstäblich aus dem Nichts heraus von den frühen bis mittleren 00er Jahre und fand sich sofort einer gut entwickelten und dazumal sehr mächtigen faschistischen Bewegung gegenüber – zu diesem Zeitpunkt möglicherweise eine der stärksten der Welt. Die Neonazis waren abgelenkt davon Minoritäten anzugreifen und kanalisierten all ihren Hass gegen ihren neuen Feind.
In dieser Umgebung wurde die antifaschistische Bewegung an den Rande des physischen Überlebens gedrängt. Vom ersten Moment an war die Bewegung militant und subkulturell, sie bestand aus Personen mit verschiedenen Ansichten und war um die sich entwickelnde Musikszene zentriert. Es gab keine politischen Parteien, die die Antifa unterstützten. Stattdessen gab es einen konstanten Druck von den Neonazis, der Polizei und der Gesellschaft. Der Mangel an Informationen oder guten Kontakten führte dazu, dass die Bewegung sich meist für ihre eigenen Wege der Entwicklung entschieden, wovon einige fragwürdig erscheinen mögen. Insbesondere für Menschen, die den Luxus haben über etwas anderes als das überleben nachzudenken.
Der Krieg russischer Antifaschist_innen gegen Neonazis hat Ähnlichkeiten mit dem Kampf europäischer antifaschistischer Bewegungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegen junge faschistische Gruppen / Parteien: Brutale Straßenkämpfe, Propaganda-Kriege, verzweifelte Versuche, die Unterstützung der Öffentlichkeit zu gewinnen.
In Anbetracht der massiven kulturellen Unterschiede zwischen westeuropäischen und russischen Gesellschaften ist es leicht zu verstehen, dass einige Methoden, welche die junge russische antifaschistische Szene anwendete fragwürdig für Repräsentant_innen der modernen deutschen Szene erscheinen. Allerdings war die Szene, ebenso wie solche Teile davon wie WWF und MDB, sich ständig am entwickeln und versuchen offen gegenüber Kritik, Hilfe und Rat zu sein.
Die Autor_innen des Artikels demonstrieren eine bewusste Nichtbeachtung dieser historischen und kulturellen Differenzen und Eigenschaften, was wie ein eklatanter Ausdruck von westeuropäischem Imperialismus und elitärem Gedankengut erscheint.
3. Homophobie
Als erster Kommentar zu dieser Angelegenheit möchten wir darauf hinweisen, dass diese Vorwürfe komplett unbegründet sind. Der Artikel liefert nichts, das diesen Vorwurf unterstützt. Was nur Sinn ergibt, da es keinen Boden gibt, auf welchem dieser Vorwurf basieren könnte. Dies ist eine sehr schädliche Tendenz, die eine „Junge, der nach dem Wolf schreit“ – Situation hervorruft. Wenn grundlos mit Vorwürfen zu Homophobie und Sexismus um sich geworfen wird – ausschließlich, um einen dramatischen Effekt zu erzielen – wird sich die Öffentlichkeit daran gewöhnen, dass das Meiste davon unbegründete Beleidigungen sind und wahre Täter_innen kommen leichter mit tatsächlicher Homophobie oder anderen Formen von Diskriminierung davon.
Eine kurze Exkursion in die Umgebung, aus der wir kommen: Russland, wie viele andere Länder in dieser Region, ist sehr homophob. In der Sowjetunion gab es ein Gesetz gegen Homosexualität, jetzt haben wir ein so genanntes „Gesetz gegen homosexuelle Propaganda“. Der größte Teil der Bevölkerung ging durch das Gefängnissystem, womit ein bedeutender Teil der Bevölkerung immer noch nach dem „Gefängniscode“ lebt, der auch in den „Straßencode“ hinein floss. Wir sind in Quartieren der Arbeiter_innenklasse ausgewachsen, wo abwertenden Worte für „homosexuell / schwul“ die stärksten Fluchworte waren, die jemand gebrauchen kann. Entsprechend dem „Straßencode der Ehre“ musst du, wenn du so genannt wird, dich rächen und dafür mehrere Menschen zusammenschlagen oder sogar die Täter_innen töten, um eine lebenslange Schande zu vermeiden.
Allerdings haben wir auch unter diesen Umständen offen unsere Meinung gegen Homophobie geäußert.
2008 haben Razor Bois (eine Band mit Mitgliedern von MDB) den Song „Kick Homophobia Out Of Our Scene“ veröffentlicht. In dem Song geht es darum, dass Menschen kein Recht haben die Sexualität anderer Menschen zu verurteilen, da es nicht ihre Angelegenheit ist, ihre Nasen in das persönliche Leben anderer Individuen zu stecken.
http://www.discogs.com/ Razor-Bois-Self-Titled/ release/3148568
http://s018.radikal.ru/ i524/1502/97/ 6fc293c4452e.jpg

Für die Veröffentlichung und das Spielen dieses Songs an Konzerten wurden wir von vielen kritisiert, die diesen Song als Beleidigung auffassten.
Ein Jahr vor dieser Veröffentlichung haben Razor Bois ein Solikonzert in New York organisiert und sind dort selbst aufgetreten, um Opfer von neonazistischer Gewalt in Russland zu unterstützen, inklusive einem Mitglied der antifaschistischen Bewegung aus Moskau, der brutal von Neonazis verletzt wurde während eines Versuches von Antifaschist_innen, die Gay Pride – Demonstration in Moskau zu beschützen.
https://www.facebook.com/razorbois/photos/a.1555961544661416.1073741828.1513002208957350/1555961561328081/?type=1&permPage=1
MDB haben verschiedene Male Konzerte gespielt, an denen Gay Pride – Transparente gezeigt wurden und zeigen dies in ihren offiziellen Videos, so zum Beispiel in diesem Clip über das MDB-Konzert am Sorginagaua Festival im Baskenland (0:31):
https://www.youtube.com/watch?v=cSfTdL5oG7Q

Schau auch dieses Foto von WWF mit einem Transparent gegen Homophobie an:
https://www.facebook.com/wwfhc/photos/pb.301018223349714.-2207520000.1424287211./382932375158298/?type=1&source=42

Mitglieder unserer Bands standen und stehen stark gegen Homophobie ein. Trotz dem Fakt, dass in der Umgebung, aus der wir kommen, abwertende homophobe Wörter leider als die stärksten Beleidigungen gegen seinen Feind verankert sind, haben wir immer darauf geachtet Vokabular zu vermeiden, das homophob verstanden werden könnte und das Stigmata, das mit diesen Worten assoziiert wird reproduzieren könnte.

4. Sexismus
2008 veröffentlichten Razor Bois den Song “Forward To The Past”, welcher die Diskriminierung von Frauen und Probleme mit Sexismus heutzutage in vielen Kulturen und Gesellschaften rund um die Welt kritisiert, ebenso wie die Tatsache, dass diese Probleme teilweise sogar von der antifaschistischen Gemeinschaft ignoriert werden.
http://i052.radikal.ru/1502/be/4d16d927314e.jpg
http://www.discogs.com/Razor-Bois-Self-Titl…/release/3148568

Heute können wir zustimmen, dass das Wort “шлюха” (Hure / Schlampe) in vielen verschiedene Kontexten als sexistisch interpretiert werden kann. Es war aber nie die Absicht, eine solche Bedeutung in dieses Wort zu legen, als wir dieses vor 6 – 7 Jahren in unseren Texten gebraucht haben.
““ты нацистская шлюха” (Du bist eine Nazi-Hure) [Till the End 2009], “Парни поднимают движ, шлюхи ссорятся как дети” (Leute sind die Bewegung am aufbauen, Huren streiten wie kleine Kinder) [Tvoi karti biti 2008].
Wir haben es gebraucht um die zu beschreiben, die ihre Ideale, Freund_innen und Überzeugungen verkaufen, um dem Trend zu folgen. Wir glaubten auch, dass dieses Wort für Menschen jegliches Geschlechts gebraucht werden kann und meinten damit nicht irgendetwas Degradierendes gegenüber Menschen eines bestimmten Geschlechts.
Um dies genauer zu erläutern: Wir wollten durch den Gebrauch eines solchen Wortes auf keine Weise Menschen verurteilen, die – frei gewählt oder gezwungen – in der Sex-Industrie arbeiten. Sex-Sklaverei ist eine schreckliche Seuche („blight“) vieler Kulturen und Gesellschaften. Einige Mitglieder von MDB haben bei Hilfswerken gearbeitet, die dabei helfen, Opfer von Sex-Sklaverei rund um die Welt zu rehabilitieren, wie zum Beispiel FreeTheGirls.com in den USA. Wir glauben auch, dass Individuen, die freiwillig als Sex-Arbeiter_innen arbeiten ein Recht haben zu entscheiden, was sie mit ihrem Körper machen wollen und dass sie nicht für das Ausüben ihrer Freiheit (bzw. Entscheidungsfreiheit) verurteilt werden sollten.
Wir unterstützen sowohl als Mitglieder der antifaschistischen Gemeinschaft, als auch als Menschen die Bewegungen zu Frauenrechten und Gleichheit und heißen den Fortschritt von Gender-Gleichgewicht in unserer Szene und anderen Gemeinschaften willkommen. Wir respektieren weibliche Mitglieder unserer Bewegung als Aktivistinnen, Kämpferinnen, Unterstützerinnen, als wer oder was auch immer sie sich entscheiden sein zu wollen.

5. Patriotismus, Russ_innen gegen Faschismus
Seit den frühen 90er Jahren war Patriotismus der beliebteste Trend, der von Neonazis gebraucht wurde, was ihnen Unterstützung der staatlichen Medien, der Gesellschaft und der Autoritäten einbrachte. Antifaschist_innen jedoch waren in der Unterzahl und wurden von Beginn an als „Drogenabhängige und gefährliche Extremist_innen, gesponsert von der „Geheimweltregierung““ bezeichnet. Die Polizei hat nichts getan, um Attacken auf Antifa-Konzerte, -Anlässe und Antifaschist_innen selbst zu stoppen, sondern schufen ein spezielles Departement – Zentrum E (Zentrum für Anti-Extremismus). Dessen Beamt_innen haben alle, die verdächtigt wurden Mitglieder der antifaschistischen Bewegung oder auch nur der antifaschistischen Musikszene zu sein verhafteten, zusammenschlugen, folterten und einsperrten. Häufig unterstützte die Gesellschaft Attacken von Neonazis auf Minoritäten und Aktivist_innen.
Zur selben Zeit traten junge Menschen „eifriger“ („more eagerly“) den Rängen der White Power – Skinheadsgangs und ultranationalistischen Fußball, bzw. Hooligangruppen („firms“) bei, die der antifaschistischen Bewegung zahlenmäßig dramatisch überlegen waren.
Zu einem bestimmten Zeitpunkt entschieden wir, die Situation umzudrehen und einen riskanten Zug anzuwenden: Den Patriotismus den Neonazis wegzunehmen, unsere eigene Bedeutung hineinzulegen und den Begriff gegen sie zu verwenden. Wir begannen, eine patriotische Rhetorik zu benutzen, um zu versuchen den Menschen zu erklären, dass Russland ein multiethnisches Land ist, ein Zuhause für Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit und Religionen. In unseren Worten ging es bei Patriotismus nicht darum, Ausländer_innen zu hassen und den Staat und die Regierung zu lieben, sondern die Wurzeln und Kultur eines jeden anzuerkennen. Für viele Russ_innen gehört zu diesen Wurzeln der Multikulturalismus und den Sieg über Hitler. Dadurch ist es uns gelungen ein positives Bild von Antifaschist_innen zu schaffen und aufzuzeigen, dass Neonazis die „wahren“ Feinde der russischen Gesellschaft und Kultur sind.
„Russ_innen gegen Faschismus“ war ein Teil der oben beschriebenen Strategie und unsere Antwort zur berühmten Neonazi-Parole „Russland den Russen“. Die Demonstration und der Auftritt von MDB unter dem Namen „Russ_innen gegen Faschismus“ wurde am 4. November 2009 abgehalten. Dieses Datum wird traditionellerweise von Neonazis gebraucht, um den so genannten „russischen Marsch“ durchzuführen – ein Massenumzug (mit bis zu 25’000 Leuten), der Repräsentant_innen der „White Power“-Bewegung und nationalistische Parteien und Organisationen vereint. Die Idee war, den Neonazis ins Gesicht zu spucken und sie in ihrer Fähigkeit zu enteignen, Propaganda des Hasses im Namen derer, die sich als Russ_innen identifizieren zu verbreiten.
“Это я русский – ты нацистская шлюха” (Ich bin Russe – Du eine Nazi-Hure) vom MDB / WWF – Song war eine Antwort auf die Parole “Я русский” (Ich bin Russe), die als T-Shirt-Audruck, auf Fahnen, Transparenten und Tattoos gebraucht wurde und extrem berühmt unter Neonazis war. Die Idee war, Neonazis zu verspotten und die Botschaft auszudrücken: „Schau, ich bin Russe und Antifaschist, der für Gleichheit und gegen Vorurteile einsteht, währenddessen du nur Nazi-Abschaum bist“. Wie wir bereits erwähnt haben, haben wir keine sexistische Bedeutung in das Wort „Hure“ gelegt. Heute geben wir zu, dass es weniger fragwürdig gewesen wäre, wenn wir ein anderes Wort benutzt hätten, aber wir sind dennoch stolz darauf sagen zu können, dass diese Textzeile ein Trend wurde und auch von Menschen außerhalb der antifaschistischen Bewegung benutzt wurde und wird, um sich über Neonazis lustig zu machen. Auch haben wir „Ich bin Russe“-Merchandise schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen.
Heute glauben wir, dass diese ganze Taktik eine großes Ausmaß innehatte. Wir haben viele Kritik aus linken Kreisen bekommen (wobei uns zeitgleich andere unterstützten), aber wir glauben, dass sie erfolgreich war, da sie der antifaschistischen Bewegung im Allgemeinen ermöglicht hat, die öffentliche Meinung zu ihrem Gunsten zu drehen, mehr Leute für ihre Sache anzusprechen und den Neonazis eine ihrer größten Propaganda-Waffen wegzunehmen. Wir glauben, dass wir dadurch einen Beitrag zur heutigen Situation geleistet haben, in der der Neonazi-“Trend“ gesunken ist, die Zahl der Hass-Verbrechen inklusive Attacken und Morden drastisch abnahm und die Gesellschaft als Ganze toleranter wurde.
Im Allgemeinen und speziell mit der derzeitigen Situation in der Ukraine haben wir realisiert, dass mit Patriotismus und nationaler Identität zu spielen sehr gefährlich sein kann. Um dies aufzuzeigen haben wir (WWF und MDB), sowie viele Andere uns zusammen getan und ein Manifest gegen den Krieg in der Ukraine (gegen die Unterstützung jeglicher Seite im Konflikt) unterschrieben und veröffentlicht. Wir sind stolz sagen zu können, dass dieses Manifest von vielen Bands, Gruppen und Individuen in Russland unterstützt wurde, was eine positive Veränderung aufzeigt – zumindest in der Szene.
Englisch: https://ad-sr.info/…/statement-of-the-antifascist-groups-a…/
Deutsch: https://www.facebook.com/moscowdeathbrigade/photos/a.379427594659.158624.293289314659/10152586688449660/?type=1

Wir werden diesen Teil damit beenden, dass wir den / die Leser_in daran erinnern möchten, dass unsere Bands seit den frühen Tagen den Staat, die Armee und die Polizei kritisiert haben – dies wäre ein komischer Zug von so genannten „Nationalisten“.
“Ты герой, за страну горой – патриот, льешь потоки молодой крови в свой рабочий телерот, Родины оплот – крепче скипетр держи, гордый взор свет камера мотор, ну ка расскажи Как брызгать пафосом с экрана и проворонить террористов, Как забыть в Чечне солдат и самому остаться чистым, Как плевать в лицо героям, что спасли нас от фашистов,Превращать людей в казармах в психов, калек и садистов.” [Армейская]
“Du bist ein „Held“, du „stehst für dein Land“, ein „Patriot“. Das Blut junger Leute fliesst in deinen TV-Mund. „Beschützer des Mutterlandes“ – halt den Skepter fester“. Du hast einen stolzen Ausdruck auf deinem Gesicht, „Licht, Kamera, Action!“, also sag uns: Wie kannst du pathetische Lügen auf dem TV-Bildschirm erzählen, während du auf terroristische Attacken unvorbereitet bist. Wie kannst du Soldaten in Tschetschenien vergessen und mit sauberen Händen herumgehen. Wie kannst du in das Gesicht der wahren Helden spucken, die uns vom Faschismus gerettet haben. Wie kannst du Menschen in Bootcamps in Psychos, Krüppel und Sadisten verwandeln“. [Army Song, MDB]
http://megalyrics.ru/…/moscow-death-brigade/armieiskaia.htm…

“your life is controlled by the state”, „dein Leben ist vom Staat kontrolliert“ [Prove them Wrong, MDB]
“слепого поклоненья поколение на коленях? герои на экране ты останешься их тенью” [герои]
“Eine Generation blinder Anhänger_innen, Helden sind auf deinem Bildschirm, aber du wirst in deren Schatten bleiben.“ [Helden, MDB]
“Пророков много, каждый знает врага, укажет он дорогу, глас рога, зовущего на смертный бой, тот, кто наживется на смерти, смеется над тобой.” [правда]
“So viele Propheten und jeder einzelne von ihnen wir dir den Weg in die Richtung deines Feinde weisen, der Klang des „Kriegshornes“ ruft dich zur Schlacht, diejenigen, die von deinem Tod profitieren, lachen dir ins Gesicht.” [Truth, MDB]

“От цинковых гробов афгана до Норд Оста и Беслана, Первая чеченская. потом вторая, как ни странно, Все объяснят с экрана, держи шире карманы” [До конца]
“Von den Särgen der Afghanistan – Kampagne zu Nord-Ost und Beslan, erste und zweite Tschetschenien-Kampagne. Es ist hart zu glauben, aber sie können alles von den Bildschirmen aus erklären, alle bleiben leichtgläubig und naiv“ [Till The End (WWF feat. MDB)]]
„Feelings suppressed by a less important message. In the age of controlled information. Degeneration of generations. Schemes instigate the clash of the nations”
„Unterdrückt fühlen von einer weniger wichtigen Botschaft. In der Zeit kontrollierter Medien – Degeneration von Generationen. Schemen stiften den Zusammenstoß der Nationen an.“ [Viking’s Life, MDB]
„You are born to be on knees, You must live according to stated scheme, They line in an endless stream, But we will struggle, till our hearts are beating. We can become the real force, To provide the alternative to the system, But how far will you go this time? Will you see the revolution?”
„Du bist auf deinen Knien geboren. Du musst nach dem vorgegebenen Schema leben. Sie reihen sich in einem endlosen Strom ein. Aber wir werden kämpfen, solange unsere Herzen schlagen. Wir können die wahre Kraft werden, um eine Alternative zum System bereitzustellen. Aber wir weit wirst du dieses Mal gehen? Wirst du die Revolution sehen?“ [Deflection from the scheme, WWF]
„Has fascism already become a norm? Did YOU forget, what millions of people died for?
Do not dissemble the problem of nazism, Do not believe in all these ravings. GOOD NIGHT WHITE PRIDE“ „Wurde Faschismus bereits zu einer Norm? Hast DU vergessen, weshalb Millionen von Menschen gestorben sind? Spiele das Problem von Nazis nicht herunter. Glaube nicht an all diese Irr-Reden. GOOD NIGHT WHITE PRIDE“ [Good Night White Pride, WWF]
“For those who breaks noses of scumbags inked with swastikas” „Für die, die Nasen des Abschaums brechen, die Hakenkreuze tätowiert haben“ [Cards, MDB]
Frank Castle Gonna Break Your Neck – eine Trashcore Band, in der einige Mitglieder von MDB, inklusive Vova spielten, hatten einen Song names „Fuck Your Flag“, in dem blinder Patriotismus und die Verehrung der Flagge attackiert wird.

http://www.discogs.com/Frank-Castle-Gonna-Break-Y…/…/2372005

http://s018.radikal.ru/i519/1502/4e/e74345afb5ca.jpg

6. Nationalismus
MDB und WWF haben ein multiethnisches Line-Up, welches aus Russen, Ukrainern, Tataren besteht, Menschen aus christlichen, jüdischen und muslimischen Familien.
Wir haben nie den Fakt verborgen, dass wir strikt gegen alle Formen von Rassismus sind – sei er weiß, schwarz oder anders und wir stehen immer noch hinter diesen Idealen. Wir haben auch dargelegt, dass in Russland viele ethnische Konflikte bestehen und ultra-nationalistische Gruppen verschiedene Nationalitäten repräsentieren. Während die Nazis immer versucht haben zu sagen, dass die Antifa gegen Russ_innen ist, haben wir erklärt, dass Antifa gegen Nationalist_innen und Rassist_innen jeglicher Form und Herkunft steht.
Die Übersetzung des Zitats von Vova, in welchem er angeblich den Ausdruck „Vieh“ gebraucht hat ist nicht korrekt und gibt dem Zitat eine vollkommen andere Bedeutung, als das er im Russischen hat.

“Быдло” (Bydlo) wird tatsächlich als „Rabauke“, „aggressive Person“ oder „Gangster (thug)“ verwendet und hat keine rassistische Spezifizierung. Was wir gesagt haben war, dass wir Rassismus gleichermaßen verurteilen, egal ob er von „White Power“-„Gangstern (thugs)“ kommt, die behaupten, dass Russ_innen überlegen seien oder extremen Nationalist_innen und radikale Religiöse aus den südlichen Republiken Russlands, die ihr Volk als überlegen bezeichnen. Das Zitat wird (sinngemäß) folgendermaßen übersetzt: „Es gibt keinen Unterschied zwischen einem Clown, der „Sieg Heil“ singt oder einem „Thug“ von den Bergen, der „Kaukasus ist über uns, Russland ist unter uns“ schreit (eine beliebte Parole von Nationalist_innen aus den südlichen Republiken Russlands)“.
Wir verstehen, dass auf den ersten Blick und aus dem Kontext genommen die Wortkombination „von den Bergen“ als beleidigend oder abwertend verstanden werden kann, allerdings identifizieren sich in Russland Menschen aus den südlichen Republiken Russlands oftmals als „gorci“ – was „Hochländer“ oder „Menschen aus den Bergen bedeutet“. Es ist ein Begriff, der nicht rassistisch aufgeladen ist oder irgendeine negative Konnotation aufweist.
Falls das Interview heute geführt worden wäre, hätten wir kein solches Vokabular verwendet, um jegliche Missverständnisse zu vermeiden. Jedoch stehen wir immer noch zur Meinung, dass Rassismus jeglicher Art falsch ist, unabhängig davon, von wo er kommt. Dies zu verleugnen bedeutet, die gesamte Bedeutung von Anti-Rassismus und Gleichheit zu verleugnen.
Es ist unnötig zu sagen, dass wir keine Vorurteile gegenüber irgendeiner Ethnie oder Nationalgruppe haben. Wir haben viele Freund_innen aus dem Kaukasus und Zentralasien: Armenien, Usbekistan, Baschkorostan, Kasachstan, Georgien, Tschetschenien, Tatarstan und andere.

7. Maskulinität, Gewaltkult und Machoismus
Einer der Vorwürfe im Artikel ist, dass unsere Bands Gewalt promoten, basierend auf dem „Maskulinitätskult“ und „Machoismus“.
Erstens – unserer Ansicht nach ist es pure Engstirnigkeit, Menschen aufgrund dessen, wie sie aussehen und ihrer Liebe für Sport und Kampfsport zu „stereotypisieren“. Nicht alle, die Sportjacken und Springerstiefel tragen sind gewalttätige, aggressive „Machogangster“, ebenso wie eine kleine, schmächtige Person, die sich nicht-subkulturell kleidet nicht als „Nerd“, „schwach“ oder „unfähig zu kämpfen“ bezeichnet werden soll. Generalisierungen wie diese sind Dinge, gegen die wir ankämpfen und die in unseren Augen nicht von Mitglieder der westeuropäischen antifaschistischen Szene geäußert werden sollten.
Zweitens – die gewalttätige „Veranlagung“ einiger Personen unserer Gemeinschaft kommt vor der konstanten Notwendigkeit zu kämpfen und sich und nahestehende Personen zu beschützen. Diese Aggression wurde spezifisch gegen Repräsentant_innen rechtsextremer Bewegungen kanalisiert, welche zugleich die größte Bedrohung darstellen.
Drittens – Frauen waren immer ein integraler Teil der russischen antifaschistischen Bewegung, auch zu den heftigsten Zeiten. Sowohl als militante Mitglieder, die Seite an Seite mit ihren männlichen Genossen kämpften als auch als Aktivistinnen, die in der Entwicklung und dem Wachstum der Szene beteiligt waren. Wir wollen keine Namen nennen, um die Identität dieser Frauen zu schützen. Aber jene, die in der Antifa in Russland involviert sind, verfügen über Wissen aus erster Hand über ihre Taten.
Zu sagen, dass unsere Bands und Unterstützer_innen ein Sammelbecken für gewalttätige Männer geschaffen haben, zeigt entweder, dass die Autor_innen oder ihre Quellen die Fakten auf diese Weise verdreht haben, um ihre (politische) Agenda zu unterstützen oder über ein schwaches Wissen zum Thema verfügen. Ebenso wie immer viele Frauen ein großer Teil der russischen antifaschistischen Gemeinschaft waren, haben viele Frauen in dieser Gemeinschaft unsere Bands unterstützt. Wir haben Frauen immer an unseren Konzerten und Anlässen willkommen geheißen und es gab und gibt immer Frauen, die sich unserer Sache anschließen wollen, unsere Bands unterstützen, an unsere Konzerte kommen, an unserer Seite arbeiten und kämpfen. Unser Aktivismus, unsere Konzerte, Solidaritätsanlässe und soziale Events wären ohne die Beteiligung weiblicher Mitglieder der Antifa nicht möglich gewesen.
In unseren Liedern haben wir uns immer für Bildung, harte Arbeit und Kampfsporttraining ausgesprochen. Wir glauben und verfolgen diesen Glauben auch weiterhin, dass in der Umgebung, in der wir leben, in der soziale Unterstützung und finanzielle Hilfe von der Regierung praktisch inexistent ist, es für unsere Gemeinschaft unabdingbar ist, sich sowohl mental als auch psychisch zu verbessern / verändern, um dem Druck des Staates standzuhalten.
Es ist kein Geheimnis, dass Konflikte zwischen militanten und nicht gewalttätigen Aktivist_innen in unserer Szene stattgefunden haben und sich in der Geschichte unsere Bands immer für die Wichtigkeit von Militanz ausgesprochen haben und diese Seite eingenommen hat. Jedoch sollte dies nicht als Diskriminierung von unserer Seite gegenüber denjenigen Aktivist_innen verstanden werden, die Themen von einem intellektuellen Ansatz aus verfolgen. Zu diesem Zeitpunkt waren die militanten Antifaschist_innen die einzigen Menschen, die ihr Leben riskierten, um die Szene und Minoritäten von Neonazis zu beschützen. Wenn ein Mob von „White Power“-„Aktivist_innen“ mit Messern, Schlagringen, Pistolen und Hammern bewaffnet gemeinsam zu einem von der Antifa organisierten Anlass oder Minoritäten marschieren, wird keine Anzahl von Diskussionen oder Auseinandersetzungen sie davor stoppen, diejenigen zu töten oder zu verkrüppeln, die sie hassen. Sie können nur mit physischer Stärke gestoppt werden. Von den Menschen, die bereit sind zu kämpfen und sich dem Risiko stellen, zusammengeschlagen, getötet oder verhaftet zu werden.
Das Thema des Konflikts innerhalb der Szene zwischen militanten und nicht gewalttätigen Aktivist_innen ist alltäglich in antifaschistischen Gemeinschaften vieler Länder und wir glauben, dass ein Dialog zwischen diesen beiden Gruppen geführt werden muss, da beide unabdingbar für die Bewegung und deren Entwicklung sind.

8. Notwendigkeit, Kommunist oder Anarchist zu sein?
Die Autor_innen verurteilen uns für Vova’s Worte (in einem 5 Jahre alten Interview), dass wir „uns nicht als Kommunisten oder Anarchisten“ bezeichnen würden, aber wir sehen wirklich kein Problem in dem, was er gesagt hat. Als Menschen, die in der USSR geboren wurden, haben wir keine Illusionen gegenüber der Geschichte der Sowjetunion. Wir wissen, dass für viele Menschen Kommunismus den Horror der Gulags, Repression, staatliche Kontrolle, antisemitische Kampagnen und die Invasion in Polen und der Tschechoslowakei bedeutet.
Außerdem hat Vova in demselben Interview gesagt, dass er einige Ideen davon unterstütze. Er hat auch gesagt, dass wir mit Anarchist_innen, Kommunist_innen, RASH, SHARP etc. zusammengearbeitet haben, da wir alle dieselben Ziele haben – Einigkeit („unity“) und den Kampf gegen die Propaganda des Hasses und der Ungleichheit. Wir können nicht verstehen, warum es notwendig sein sollte, uns als Kommunisten oder Anarchisten zu bezeichnen, um einen Teil der antifaschistischen Bewegung zu sein. Vielmehr glauben wir, dass viele Menschen (insbesondere in Russland) dadurch abgeschreckt werden und sich von der Bewegung entfernen, weil sie antifaschistische und antirassistische Ideen teilen, aber nicht als Mitglied einer politischen Partei / politischen Strömung gebrandmarkt werden wollen.
Es muss erwähnt werden, dass obwohl sie sich nicht als Anarchisten bezeichnen, WWF und Razor Bois für die Unterstützung des Anarchist Black Cross an Solikonzerten teilgenommen und Songs zu Compilations beigetragen, sowie mit anderen linken Kollektiven zusammengearbeitet haben.
Hier sind einige davon:
Razor Bois und WWF auf der “Destroying Prisons”-Compilation zur Unterstützung des ABC Moskau:
http://www.discogs.com/Various-Разрушая-Тюр…/release/4906612

Konzert, von Razor Bois und RASH NY organisiert, zur Unterstützung des ABC Moskau, das Geld für einen antifaschistischen Aktivisten sammelte, der während des Schutzes einer Gay Pride durch eine Attacke von Neonazis schwer verwundet wurde:
https://www.facebook.com/razorbois/photos/a.1555961544661416.1073741828.1513002208957350/1555961561328081/?type=1&permPage=1

WWF Solitour für ABC Moskau:
https://m.facebook.com/wwfhc/photos/pb.301018223349714.2207520000.1424295599./302192909898912/?type=1&source=42

9. 210

Die Zitate vom Interview mit 210 sind in der interpretierten Form absolut unangebracht. Jedoch wurden sie einem Interview entnommen, das kurz nach dessen Publikation wieder gelöscht wurde – gemäß 210 aufgrund falscher Interpretation der Antworten vom Interviewer.
Damit der / die Leser_in die Situation etwas besser versteht, möchten wie einige Informationen zum Hintergrund zu den Mitgliedern von 210 darlegen. Die Meisten dieser Jungs kommen aus der Arbeiterklasse, arbeiten in Fabriken und sind in einigen der übelsten Quartiere aufgewachsen. Sie sind einfache Menschen, die nicht in den Luxus von staatlich finanzierter Bildung oder finanzieller Hilfe vom Staat gekommen sind. Sie lernten in den harten und unverzeihlichen Straßen von Moskau in den 90ern und frühen 00er zu überleben. Und trotz dieser vorherrschenden Brutalität und Intoleranz der Umgebung, in der sie aufgewachsen sind, haben sie gegen die „Seuche („blight“)“ der Neonazis gekämpft, währenddessen die meisten in dieser Situation sich ultrarechten Gemeinschaften zuwendeten oder sich raushielten.
Die Mitglieder von 210 haben oft ihr Leben riskiert und antifaschistische Konzerte und Events beschützt, bei denen sie sich zwischen „White Power“-Hooligans und Cops und Antifaschist_innen oder Minoritäten gestellt haben. Wir vermuten, dass niemand in der russischen DIY und antifaschistischen Szene (nicht einmal unsere stärksten Kritiker_innen) die Rolle der Jungs von 210 in militanten antifaschistischen Aktionen verleugnen würde. Für ihr Mitwirken im gewalttätigen Konflikt wurden durch Neonazis Fotos von ihnen weit verbreitet, begleitet von Todesdrohungen. Vor der Show mit The Oppressed in Moskau in 2013 (im Artikel erwähnt) erhielten der Clubbesitzer und die Veranstalter_innen mehrere Drohungen von Neonazis und rechten Fußball-Hooligans, in denen eine gewalttätige Attacke des Konzertes versprochen wurde. 210 waren die ersten Leute, die beim Club ankamen um sich den Attackierenden zu stellen.
„Action speaks louder than words“ – aber dennoch: Als wir von den unangebrachten Aussagen der Band erfuhren, hatten wir eine Entscheidung: Alle Beziehungen zu ihnen abzubrechen oder sie um ein Gespräch zu bitten und zu verstehen, ob sie dies so gemeint haben oder nicht. Wir glauben, dass solche Probleme in einer offenen Konversation und nicht durch anonyme, einseitige Anschuldigungen angegangen werden müssen. Letztes Jahr haben wir ein Treffen mit 210 organisiert, ihre Position mit ihnen diskutiert und erklärt, dass wenn sie tatsächlich diese Ideen vertreten, wie sie im Interview geäußert wurden, das von uns nicht toleriert werden würde. Die Band hat gesagt, dass sie ihre Fehler bezüglich der falschen Kommunikation ihrer Überzeugungen zugeben und sie bereit sind an ihrer Fähigkeit zu arbeiten, sich ohne die Möglichkeit zur Fehlinterpretierung zu äußern. Wir sind überzeugt, dass die Aktionen dieser Leute in der Vergangenheit viele Leben gerettet haben und dabei geholfen haben, den kürzlichen Rückgang der aktiven Neonazi-Bewegung in Russland voranzutreiben. Und wir glauben, dass sie eine Chance verdient haben. Nochmals: Die Entwicklung aller Menschen ist ein gradueller Prozess. Wir glauben, dass diese Jungs wertvolle Mitglieder der weltweiten Szene werden können, wenn sie diese Chance bekommen.

10. Street Influence
Street Influence war ein Label, das ursprünglich von Fyodor Filatov gegründet wurde – einer der informellen Leader der Antifaschistischen Skinheads von Moskau, welcher von Neonazis ermordet wurde. Nach seinem Tod haben seine Freund_innen weiterhin Aufnahmen im Namen des Labels veröffentlicht, sämtliche Einnahmen des Labels erhielt die Familie von Fyodor. Das war der Grund, weshalb WWF Aufnahmen auf Street Influence veröffentlicht haben – eine EP und ein Split mit den Stage Bottles im Oktober 2013 (letzteres wurde von SI und Mad Butcher veröffentlicht). Das Label hat auch Merchandise herausgebracht und vertrieben, ebenso ein limitiertes Solishirt von WWF, auf dem ein Bild von Ivan Khurtoskoy ein zentrales Element des Designs ist (https://linksunten.indymedia.org/de/node/135032). Sämtliche Einnahmen durch dieses Shirt gingen an die Familie von Ivan Khurtoskoy. Das Label hat auch eine Tribute-Complilation zu WWF herausgebracht, auch diese Einnahmen gingen an Ivans Familie.
http://cdn.discogs.com/…/discogs-images/R-4469967-136577742…

Es gab keine „Geschäftsbeziehung“ zwischen der Band und dem Label, da niemand jemals Geld damit gemacht hat. Im Oktober 2014 hat WWF aufgehört mit Street Influence zusammenzuarbeiten, nachdem sie herausgefunden haben, dass das Label Aufnahmen herausgebracht und Konzerte mit Bands organisiert hatte, deren politische Einstellung für uns unangebracht ist. Seit diesem Moment besteht keinerlei Verbindung zwischen den Bands und dem Labels, währenddessen SI immer noch restliche Merchandise-Artikel, Platten und CDs verkauft.

11. Abu
Wir haben es versucht, aber wir können immer noch keine Verbindung zwischen dem besagten Abu und WWF oder irgendeiner anderen unserer Bands finden und haben überhaupt keine Ahnung, warum die Autor_innen ihm so viel Beachtung schenken. Wie bereits dargelegt, haben WWF aufgehört mit Street Influence zusammenzuarbeiten. Abu hat niemals Kunst / Designs für WWF, MDB oder ihre Freund_innen gemacht. Wir haben ihn nie kennengelernt und hatten nicht viele Informationen über ihn, bevor wir diesen Artikel gelesen haben.
Allerdings haben wir uns dazu entschieden, eine eigene Recherche durchzuführen. Was wir herausgefunden haben war, dass Abu ein Albumcover für einen Zapoy / Rude Riot–Split gemacht hat (im Artikel aufgeführt), veröffentlicht von MLMR, ein Sublabel von Street Influence. Zu dieser Zeit war er als SHARP und Mitglied der antifaschistischen Supporters von MTZ-RIPO (Fussballclub aus Minsk, Weissrussland) bekannt – dies war also noch vor der bekannten Kooperation mit RAC- und apolitischen Bands.
Für uns wirkt es, als wäre dieser Charakter mit seiner offensichtlichen Verbindung zur RAC- und apolitischen Szene im Artikel für einen dramatischen Effekt eingebaut worden, da er absolut keine Verbindung zu unseren Bands hat.
Bezüglich der Verwendung des Terminus „apolitisch“ hinsichtlich unserer Bands: All unsere Bands, inklusive MDB, WWF, Razor Bois, haben sich immer laut gegen Kollaboration mit Neonazis und Rechten ausgesprochen.
So lautete der Namen des Labels, das Mitte der 00er Jahre von Mitgliedern von Razor Bois und MDB gegründet wurde, „Boycott the Fencewalker!“ – „Boykottiere die Grenzgänger_innen!“. Eine der ersten Veröffentlichungen war die internationale Soli-Compilation „Planet of Friends“, mit deren Veröffentlichung Geld für eine Person afrikanischer Abstammung gesammelt wurde, die in Moskau schwer von Neonazis attackiert wurde und ein ernsthaftes Trauma erlitt.
https://www.facebook.com/razorbois/photos/a.1555961544661416.1073741828.1513002208957350/1555961557994748/?type=1&permPage=1

Razor Bois hatten auch einen Song gegen „Fencewalker“ – „Don’t walk the fence, walk the plank“, in dem es um eine eindeutige Positionierung hinsichtlich des Umgangs mit Neonazis ging.
“They are just your old buddies, well I heard that old shit, Tell your tales to the parents of those murdered kids, Don’t go to their shows, don’t shake their fucking hands, I don’t know you backstabber, I don’t need such friends.”
„Sie sind nur alte Freund_innen, na gut, ich habe diesen alten Scheiss bereits gehört. Erzähl diese Geschichten den Eltern dieser ermordeten Kinder. Geh nicht zu ihren Konzerten, schüttle nicht ihre verdammten Hände. Ich kenne dich nicht, Rückenstecher. Ich brauche keine solche Freund_innen.“
http://www.discogs.com/Razor-Bois-Self-Titl…/release/3148568

WWF hat einen Song „apolitical Scum“ – „apolitischer Abschaum“.
“What a „beautiful word“ you have thought up. For the justification your own cowardice OK, but actually it’s safe for you To be far away from problems with nazis”
„Was für ein „schönes Wort“ hast du dir ausgedacht. Für die Rechtfertigung deiner einen Feigheit OK, aber eigentlich ist es besser für dich, weit weg von Problemen mit Nazis zu sein.“
http://www.anr-music.org/de/releases.php…

MDB hat ein Lied „Cut Off Your Tongue“ – „Schneide deine Zunge ab“.
“Fuck the two faced scum, fuck the fencewalkers. Snitches got stitches and talkers got walkers”
„Fick diesen Abschaum mit zwei Gesichtern, fick die Grenzgänger. Sinngemäß: Diejenigen, die Menschen (bei der Polizei) verraten, werden zusammengeschlagen“
https://www.fireandflames.com/…/moscow-death-brigrade-hoods…

12. Geschäftsmänner?
Da uns die Autor_innen dafür beschuldigen, ein „Antifa Label“ zu gebrauchen, um uns „dem toleranten Westen zu verkaufen“, wollen wir die Aktivitäten unserer Bands genauer darlegen. Die meisten der Touren und Konzerte von MDB und WWF waren und sind Solitouren und -konzerte. Zum Beispiel wurden die letzten zwei im Mai und September 2014 beider Bands als Solianlässe für die Familie von Ivan Khurtoskoy organisiert – ein russischer Antifaschist, der von Neonazis umgebracht wurde. Aufgrund des Fehlens einer angemessenen staatlichen Unterstützung für Senior_innen in Russland, wurden Ivans Mutter und Großmutter nach dem Tod ihres Sohnes / Enkels mit beinahe keinen Mitteln um zu überleben zurückgelassen. 2014 haben MDB und WWF mehr als 8000 Euro gesammelt, um die Familie von Ivan und andere bedürftige Menschen zu unterstützen, inklusive Familien von anderen Opfern des Neonazi-Terrors.
Video-Report über WWF / MDB Solitour im Mai 2014 und ein Besuch von Ivans Familie:
https://www.youtube.com/watch?v=L5uh0dEmI48

Ein Teil des Profits unserer Konzerte und unseres Merchandisings wird aufgewendet, um Tour-Auslagen (wie Tickets, Miete von Van und PA ) und teilweise Bedürfnisse der Bands (wie die Aufnahme von Musik) zu zahlen. Alle von uns arbeiten Vollzeit, wir leben nicht von der Musik und wir sind alle Freunde – keine „Geschäftspartner“, wie die Autor_innen im Artikel immer wieder erwähnen. Wir arbeiten für jede Tour sehr hart, um sie durchführen zu können, da russische nicht mit beispielsweise deutschen Gehältern verglichen werden können. Jeder Trip nach Europa ist ein teures und risikoreiches Unterfangen (insbesondere seit die Erlangung des Schengen-Visa teilweise ein herausfordernder Prozess für russische Bürger_innen ist).
Da wir es lieben Musik zu machen, wäre es großartig, wenn wir damit etwas verdienen könnten, um davon zu leben. Dies würde uns erlauben, unseren Bands und der Gemeinschaft mehr Zeit zu widmen (anstatt woanders zu arbeiten), aber momentan erhalten wir davon nicht genug Geld, um sowohl die Sachen, an die wir glauben, als auch uns selbst finanziell zu unterstützen. Wir benutzen unsere Überzeugungen nicht, um Geld zu machen, sondern bemühen uns im Gegenteil darum, Musik hoher Qualität zu machen, was uns die Möglichkeit gibt, unsere Botschaft zu verbreiten, mehr und mehr Menschen für unsere Sache anzusprechen und verschiedene Solizwecke zu unterstützen.
Übrigens haben wir unzählige europäische und insbesondere deutsche Bands, Labels und Distros gesehen, die Merch mit antifaschistischen Symbolen verkaufen (was wir fast nicht tun). Wir sind erpicht darauf zu erfahren, warum wir nicht ebenso Merch verkaufen dürfen sollen und ob dies ein weiterer Ausdruck der elitären Ansichten der Autor_innen ist.

Zusammenfassung
Um zusammenzufassen: Die russische Gesellschaft ist immer noch mitten in einem Veränderungsprozess. Sie ist immer noch konservativ und leidet an vielen Dingen, wovon viele aus der traumatischen Geschichte und der langsamen Wirtschaft kommen, ein Resultat aus der Kombination von inneren und äußeren Faktoren. Objektiv betrachtet sieht es so aus, als ob die Menschen langsam toleranter werden und fortschrittlichere Ansichten vertreten, jedoch verlangsamen die schwierigen Umstände, in denen sich die Gesellschaft befindet, diese Entwicklung.
Die russische antifaschistische Szene ist sehr jung und seit ihren Anfängen leben ihre Mitglieder in tödlicher Gefahr vor der russischen Neonazi-Bewegung – zu diesem Zeitpunkt eine der stärksten und brutalsten der Welt. Die russische Antifa wurde zum größten Feind der Neonazis, was diese davon ablenkte, Minoritäten anzugreifen und zahlten dafür einen blutigen Preis. Um physisch zu überleben und einen Fortschritt zu machen, um die hassbasierte Gewalt zu stoppen, musste die Bewegung in zwei Richtungen arbeiten: Genug Menschen zu befähigen, um sich einer direkten Konfrontation mit Neonazis zu stellen und ihre Botschaft zu verbreiten, um die Unterstützung der Öffentlichkeit zu erhalten. WWF und MDB, sowie andere Bands, wurden die Stimmen dieser Bewegung und spielten eine bezeichnende Rolle, um beide Ziele zu erreichen.
Die Autor_innen des beschuldigendes Artikel ignorieren diese kulturellen, sozialen und historis

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