Editorial
Wer hätte gedacht, dass im Jahr 2019 auf Talkshow-Sesseln, in Tageszeitungen, im Frühstücksradio, in Wirtschaftsmagazinen, in Parlamenten – scheinbar plötzlich überall – ernsthaft über Enteignung diskutiert wird? Das Berliner Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« hat politische Öffentlichkeit für ein Thema geschaffen, das gern als „Tabubruch” gehandelt wird. Und plötzlich sind Gesetzesentwürfe, die auch in Eigentumsfragen eingreifen, wie der vom Berliner Senat beschlossene Mietendeckel, gar nicht mehr unrealistisch. Wie war das möglich? Also, das ist eine lange Geschichte… Ein Teil davon wird in diesem Heft erzählt. Und zu einer guten Geschichte gehören meist auch Held*innen. Zu dieser auf jeden Fall und was sie so gut macht: Es sind Viele! Denn all dem vorausgegangen sind lange kollektive Kämpfe von unzähligen Mieter*innen: gegen Mieterhöhungen, Modernisierung und Verdrängung, für das Recht auf Wohnen, für das Recht zu bleiben. Und wenn sich irgendwo Menschen erfolgreich organisieren, tun es anderswo auch wieder andere und so weiter… Klingt nach Aufstandsromantik, ist aber so. Die ständig steigende Zahl an Mieter*inneninitiativen ist ein Indiz dafür.
Es geht in Común #2 aber gar nicht um die Wiederentdeckung des „revolutionären Subjekts” (etwa die aufständische Mieterin), sondern unter anderem um die Frage, welche Bedingungen es braucht, damit Organisierung und Mobilisierung erfolgreich sind und auch darum, wie der eigene Anspruch manchmal auch mit der Wirklichkeit kollidiert. Nicht nur im Schwerpunkt zu Community Organizing, auch in den anderen Beiträgen wird dabei über die konkrete stadtpolitische Praxis berichtet, Erfahrungen von Erfolg und auch Scheitern werden reflektiert und Orte vorgestellt, an dem das Sich-Zusammentun dauerhaft solidarische Alternativen zum Bestehenden geschaffen hat.
Und auch diesmal waren es viele, die das Magazin mit ermöglicht haben, ob als Beitragende, Unterstützer*innen, Spender*innen, Mitträger*innen und Förder*innen, an alle ein dickes: Danke.
Viel Spaß beim Lesen und organisiert euch, ihr Held*innen!
Die Redaktion
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